Samstag, 17. November 2007

Flugachse

Was genau führt eigentlich die Lufthansa im Schilde? Statt eines blauen etwa bald einen braunen, den Reichskranich? Natürlich sind feindliche Übernahmen und friedvolle Fusionen heutzutage längst an der Tagesordnung, Beteiligungen, wie etwa die derzeit von den in Frankfurt am Main beheimateten Flattermännern in Erwägung gezogene an der Alitalia, eigentlich nicht einmal mehr der Erwähnung wert. Aber muss es nach dem jüngsten Streit um Überflugrechte mit Russland ausgerechnet eine deutsch-italienische Kooperation sein? Also echt.

Nur ein lausiges Strohfeuer

Eigentlich war der Vorfall geradezu prädestiniert der Polit-Eklat des Jahres zu werden: Ausgerechnet der verlotterte Zottelbart Wolfgang Thierse erdreistete sich Altkanzler und Ehrenmann Helmut Kohl zu beschuldigen, "seine Frau im Dunkeln in Ludwigshafen" allein gelassen zu haben und unterstellte ihm auf diese Weise unterschwellig sogar eine gewisse Mitschuld an deren Tod. Während die Bluthunde der Union schnell den Braten gerochen, sich bereits in den Waden des eher an einen Landstreicher als den Bundestagspräsidenten erinnernden Zonen-Zausels verbissen und unentwegt "Rücktritt" gekläfft hatten, legte der liebe Führer jedoch genau jene Gelassenheit an den Tag, die einen jeden großen Staatsmann auszeichnet. Mit der gewohnt väterlichen Großzügigkeit akzeptierte er die wahrscheinlich nicht einmal ernst gemeinte Entschuldigung und ließ den ungeschorenen Unhold noch einmal unrasiert davonkommen. Stattdessen präsentierte der Regierungschef a.D. doch lieber den mittlerweile dritten Band seiner Memoiren: Helmut Kohl und die Gefangene von Oggersheim.

Mittwoch, 14. November 2007

Franzomas

Wer war eigentlich dieser Franz Müntefering, der da gestern seine Kündigung als Arbeitsminister und Vizekanzler eingereicht hat? Irgendwann, wie aus dem Nichts, stand Münte plötzlich auf der Matte: von Gerhard Schröder wie ein weißes Kaninchen aus dem Hut gezaubert, schaute Franz fortan überall heraus, wo SPD draufstand. Zuvor nur eingefleischten Parteigenossen ein Begriff, mutierte Münte nach Schröders Wechsel von der Regierungsbank in den Managersessel schnell zu einer Art Galionsfigur des in Schieflage geratenen Sozi-Schiffes, und wurde mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte er die Sozialdemokratie erfunden, sogar zum Stellvertreter Angela Merkels in der neuen großen Koalition.
Ein Paradoxon war Münteferig allemal, denn medial und politisch quasi omnipräsent, ist er dabei niemals großartig in Erscheinung getreten, und selbst im Rampenlicht zog er nicht die ganz große Aufmerksamkeit auf sich: Er war der Backgroundsänger des stimmgewaltigen Startenors Schröder und die Zusatzbeleuchtung für den pfälzischen Kometen Beck, aber hielt sich dennoch immer im Hintergrund auf, höchstens mal an der Flanke, wie der Flügelmann eines Kampfpiloten. Welchen Zielen er nachging, welchem Auftrag er unter Umständen folgte oder welche Erfolge er verbuchen konnte, das alles weiß vermutlich nur er alleine, denn aufgefallen ist er nicht - weder im positiven noch negativen Sinn.
Und nun verschwindet Müntefering wieder in der Versenkung. Nicht aufgrund eines Skandals oder einer Revolte, nein, schlicht aus privaten Gründen. Ein schneller, sachlicher und unspektakulärer Abgang, die selbe Art und Weise auf die er einst aufgetaucht ist. Aus den Schatten in die Schatten, wie ein Agent auf geheimer Mission, ein Phantom wie Roy Makaay im gegnerischen Strafraum, der Franzomas eben.

Samstag, 3. November 2007

Indiana Ivan

Ein unglaublicher Fund könnte schon bald einen Archäologieboom in Russland auslösen: Dort wurde nämlich unlängst eines der ältesten diplomatischen Werkzeuge wiederentdeckt, die Erpressung. Dabei ebenfalls ans Tageslicht gekommen sein müssen einzelne Splitter eines bestimmten sowjetischen Pragmatismus', denn anstatt das antike Druckmittel in einem Museum aufzubewahren - wo es nach Meinung der Experten auch hingehört - probiert man es in der Hoffnung es könne noch funktionieren, gleich mal an Ort und Stelle aus. Als Versuchsobjekt wurde hierzu die Lufthansa Cargo auserkoren, denn in Moskau möchte man die germanischen Gepäckflieger gerne zu einem Umzugsflug von Kasachstan nach Krasnojarsk bewegen. Dass man durch diese Vorgehensweise einen eigentlich gültigen Vertrag außer Kraft setzt, sieht man im Kreml scheinbar etwas lockerer - aber schließlich konnten im Rahmen der archäologischen Renaissance eben auch gut erhaltene Bruchstücke eines russischen Großmachtstrebens geborgen werden. Man darf gespannt sein, was zwischen Wolga und Ural noch so alles ausgebuddelt wird.

Donnerstag, 1. November 2007

Aliens killed my cat

Ungeplant, und wahrscheinlich gerade deswegen, hat die ARD den Privaten gestern Abend vorgemacht, wie gute Late-Night-Comedy auszusehen hat: Eigentlich ging es Sandra Maischberger in ihrer Sendung nur darum, einige Meinungen zur Frage "Ufos, Engel, Außerirdische - sind wir nicht allein?" einzuholen - dass sie selbst, durch die bloße Auswahl ihrer Gäste, den besten Beweis für extraterrestrisches Leben erbringen würde, hätte die TV-Moderatorin wohl selbst in ihren kühnsten Träumen nicht zu denken gewagt.
Wenn etwa der marsianische Bestsellerautor Johannes von Buttlar den noch bei weitem irdischsten Eindruck aller Anwesenden hinterlassen hat, liegt es auf der Hand, dass die Anderen per Anhalter von wo ganz woanders hergekommen sein müssen. Joachim Bublath zum Beispiel, der den Fernsehzuschauern in den 80er Jahren mit Taschenspielertricks die wunderbare Welt der Physik näher zu bringen versuchte, sollte die Rolle des rationalen Wissenschaftlers mimen. Stattdessen brachte sein auf arrogante und naive Art zur Schau gestellter Positivismus eine ohnehin hysterisch zeternd und kreischende Nina Hagen dermaßen in Rage, dass sich der ehemalige Knoff-Hoffer nicht anders zu helfen wusste, als das Studio noch vor Ablauf der Sendezeit zu verlassen. Des einzigen echten Gegenparts entledigt konnte die Punk-Ikone das Gaspedal nun bis zum Anschlag durchtreten: Frau Hagen beklagte unter anderem die Entführungen von Erdenbürgern durch Außerirdische und enthüllte die geheimen Pläne zur Errichtung von Kolonien auf Mond und Mars, in welchen der amerikanische Präsident George W. Bush seine WASP-Elite unterzubringen gedenkt.
Die eigentliche Attraktion dieser Ausgabe von Menschen bei Maischberger war jedoch ein gewisser Parapsychologe namens Walter von Lucadou, dem nach eigenen Angaben einzigen "working scientist" der illustren Runde, neben dem sogar noch Ufo-Papst von Buttlar seriöser als Stephen Hawking wirkte. Von Lucadou, der nebenbei bemerkt eine auch noch staatlich geförderte Beratungsstelle für unerklärliche Phänomene leitet, kam auf einen Redeanteil von gut 75 Prozent, was angesichts seiner Ausführungen, die noch weiter als die unendlichen Weiten des Weltalls waren, jedoch nicht weiter verwunderlich ist. Obwohl zwar viel geredet, hat der gute Mann leider ungleich weniger gesagt - von einem Wissenschaftler, der gezwungen ist, die Glaubwürdigkeit seiner Arbeit mit dem Satz "ich war nicht betrunken" zu untermauern, kann man aber wahrscheinlich auch nicht mehr erwarten. Herausgekommen ist letztendlich immerhin die Erkenntnis, dass "die Welt komplexer ist, als Sie denken, Herr Bublath" - ein Ergebnis, welches selbst den promovierten Physiker In Erstaunen versetzt haben dürfte.
Die Fünfte im Bunde, Fernsehmoderatorin Sabrina Fox, die in engem Kontakt mit Engeln aller Arten steht, kam nicht über die Schilderung eines Zwiegesprächs mit ihrem geflügelten Schutzpatron hinaus, denn der universalgelehrte Herr von Lucadou hatte natürlich auch hierzu sofort eine Anekdote parat.
Wer nun neugierig geworden ist, die Sendung aber verpasst hat, dem sei als kleiner TV-Tipp die Wiederholung (Samstag, 3. November, 22.30 Uhr, 3sat) angeraten. Für Dampfmaschinen-Nostalgiker bietet die ARD allerdings auch einen VHS-Mitschnitt feil - wer also noch über eine entsprechende Apparatur verfügen sollte, kann beherzt zugreifen.