Dienstag, 30. Dezember 2008

Liebe Bank meines Vertrauens,

- sofern eine solche Anrede inmitten der Finanzkrise überhaupt noch schicklich ist - ich weiß, dass die Zeiten hart sind. Aber das sind sie nicht nur für Dich, sondern auch für mich und überhaupt alle. Deswegen schätze ich es auch ganz und gar nicht, als langjähriger Kunde - und sogar genau so langjähriges Mitglied - innerhalb der regulären Geschäftszeiten mit einem gehetzten Blick zur Uhr sowie den Worten "Heut' isch's aber ung'schickt" begrüßt zu werden.

Wenn da nicht schon mal jemand einen guten Vorsatz für's neue Jahr hat,

Dein Jean-Paul

Donnerstag, 13. November 2008

Statt Karten!

Als Anerkennung für das Wahlergebnis der vergangenen Woche, streicht das T-Boot die Vereinigten Staaten von Amerika auf unbestimmte Zeit von der Liste der Schurkenstaaten.
Mit diesem Schritt solle, so Jean-Paul Téddôt, honoriert werden, dass die USA ihren guten Willen gegenüber der internationalen Gemeinschaft signalisiert haben.

Montag, 27. Oktober 2008

Zieh dich aus, du alte Hippe!

Nein, am Flughafen, so viel steht seit vergangenem Freitag fest, wird man auch in Zukunft nicht mit den Worten Helge Schneiders begrüßt werden, denn die Bundesregierung - und ausgerechnet Wolfgang Schäuble, der vor Jahr und Tag noch lautstark nach der Vorratsdatenspeicherung und andere Ferkeleien gegrunzt hatte - hat versichert, dass Ganzkörperscanner im Rahmen der Luffahrtsicherung nicht zum Zuge (was den Eisenbahnerclub Mehdorn '94 selbstverständlich nicht ausschließt - man darf also gespannt sein) kommen werden. Dies muss natürlich - um eine wundervolle Verknüpfung zu einem ganz anderen aktuellen Thema herzustellen - nicht bedeuten, dass es von nun an keine Perspektiven mehr für TV-Delikatessen wie "Scan-Scan - Das Nacktquiz" geben würde, bei welchem die Kandidaten die Schwarz-Weiß-Akte von A-, B-, C-, ach was, D-Prominenten erraten müssen, um nebst einem Kreuzfahrtgutschein drei Geldpakete gewinnen zu können.
Ein Sender für dieses unglaublich innovative Fernsehformat steht freilich noch nicht nicht fest, aber 3sat oder arte, die gerade jetzt, in der Post-Reich-Ranicki-Ära, um jeden Zuschauer kämpfen müssen, wären mehr als prädestiniert. Die Moderation ist mit der neuerdings arbeitsuchenden Elke Heidenreich so gut wie gesichert, die hierfür in einem Jahr sogar höchstwahrscheinlich den Deutschen Fernsehpreis erhalten würde - auch wenn sie dann bei der Dankesrede vom für sein Lebenswerk ebenfalls ausgezeichneten Oliver Pocher eine gewaltige Schelte kassieren dürfte: "Boah ey, Kultur is' jetzt echt ma' nur was für Leute, die wo nich' wissen, wie die Fernbedienung funktionieren tut!"

Dienstag, 2. September 2008

In Worten: Einhundert

Genau so viele Male kündigte der RSS-Feed jetzt bereits einen neuen Eintrag im Logbuch an, und das Warten auf den nach beinahe zweimonatiger Durststrecke langersehnten Jubiläumsbeitrag hat sich tatsächlich nicht einmal gelohnt, denn anstelle eines furiosen Glyphenfeuerwerks gibt es nun lediglich einen schnöden Trailer, eine Programmvorschau darauf, dass mit dem Beginn des meteorologischen Herbstes und dem somit de facto Ende des Sommerlochs auch die Aktivitäten auf dem inoffiziell 'most crazy Schiff since the Kon-Tiki' wieder zunehmen werden, gefolgt von einem noch schnöderen Werbesloagan: Man liest sich - auf dem T-Boot.

Freitag, 4. Juli 2008

Mal wieder Kino

Ich habe Brügge sehen... und sterben? gesehen und bin nicht gestorben - kein großes Verdienst, denn der Film ist alles andere als tödlich schlecht oder sterbenslangweilig.
Zwei britische Profikiller, einer kulturinteressiert und homosexuell, der andere gutaussehend und melancholisch, tauchen in Belgien unter, bis ein neuer Auftrag die ganze Situation aus der Bahn wirft. Mehr muss über den Inhalt nicht verraten werden, denn der Film lebt als gewissermaßen Vertreter des IGM (vorausgesetzt es gäbe ein an die Intelligent Dance Music angelehntes, ähnlich lautendes Genre namens Intelligent Gangster Movie) hauptsächlich von seiner Handlung.
Ungeniert schwärmen hingegen darf man vom Brügger Ambiente, denn die Stadt die bislang eigentlich nur aus dem UEFA-Cup bekannt war - für die Champions League hat es dann meistens doch nicht gereicht - präsentiert sich als wunderschöne, mittelalterlich angehauchte Mischung aus Amsterdam und Venedig, inklusive einer Mini-Homage in der Mikro-Homage an den großen Wenn die Gondeln Trauer tragen.
Indes lassen sich mehr oder weniger deutliche Verwandtschaftsbeziehungen zu Sexy Beast nicht leugnen: überflüssiges Blei und coole Sprüche sind streng limitiert, und wo einst Ben "Ghandi" Kingsley für seine Darstellung des dauerfluchenden, psychotischen Gangsters sogar den Oscar für die beste Nebenrolle einheimste, darf in der Charakterstudie über die beiden Assassinen nun der ewige Patient und englische Gärtner Ralph Fiennes als deren Auftraggeber einmal so richtig die Sau rauslassen.
Fazit: Ich mag eigentlich keine explizit als Fazit gekennzeichneten Fazits am Textende, aber in Ermangelung einer besseren Idee werde ich diesmal diese bittere Pille wohl schlucken müssen.
Also: Brügge ist zwar nicht Brüssel, dafür aber hübscher - der Film hat zwar kleine, dafür aber nur kurze Schwächemomente. Diese werden immerhin dem Liebhaber belgischen Bieres kaum auffallen, denn in wenigstens jeder zweiten Kameraeinstellung gibt es ein freudiges (oder aber schmerzhaftes) Wiedersehen mit altbekannten Gesichtern.

Freitag, 27. Juni 2008

Spiel's nicht noch einmal, Axel!

Vor geraumer Zeit schon musste ich mich über eine Werbemaßnahme direkt vor meinem Anwesen echauffieren - nun überbot sich der Springer-Verlag selbst und instrumentalisierte statt Christoph Kolumbus unser aller Urahnen Adam und Eva für seine perfiden Zwecke: Sie reicht ihm den Apfel dar, was danach passierte ist hinlänglich bekannt. Natürlich, so suggeriert das Plakat, hätte all das vermieden werden können, dummerweise aber erscheint die BILD-Zeitung erst seit 1952.
So weit so gut, aber das Böse ist mannigfaltig, und wo es sich zu Anbeginn der Menschheit noch als Schlange offenbarte, schleicht sich der Satan heutzutage ganz unverhohlen als Fehlerteufel (welch Selbstironie!) ein, im vorliegenden Falle sogar ganze drei Mal.
Erstens darf es natürlich nicht "Nicht essen!" heißen, sondern muss selbstredend "Nicht lesen!" lauten.
Zweitens informiert BILD nicht, sondern manipuliert - und auch das ist noch ein Euphemismus.
Und drittens schließlich geschieht dies nicht leider erst seit 1952, sondern (Wer weiß es? Wer weiß es? Richtig!) schon seit besagter Jahreszahl.
Macht aber alles fast gar nichts, denn das T-Boot ist ja da. Leider erst seit 2007.

Montag, 9. Juni 2008

Geschmackloser als Bigos

Auch ohne das polnische Nationalgericht jemals probiert zu haben, wage ich behaupten zu können, dass Nachgetreten!, die lustige ZDF-Comedy-Show, moderiert vom nicht minder lustigen Lück und seinen noch weitaus lustigeren Gästen, meine Geschmacksknospen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weniger zu stimulieren vermag, als die Mische aus Kraut, Kohl und Dürrpflaumen von jenseits der Oder.
Sicherlich ist es eine hervorragende Idee mittels Untertiteln auch den deutschen Fernsehzuschauern den Text der polnische Nationalhymne näher zu bringen, es ist allerdings auch ein Fakt wie der Boulevard aus dem östlichen Nachbarland, dass die Aussage "wir (die Polen, Anm. Jean-Paul) schießen ab Minute 5:45 zurück", vielleicht der polnischen Journaille zu Gesicht stehen mag, nicht aber dem zweiten deutschen Fernsehen (welches mit monatlich 17,03 € zu Buche schlägt, Anm. Jean-Paul).
Dieses schien die Berichterstattung rund um das Länderspiel ohnehin relativ schmerzbefreit anzugehen, stilisierte doch Johannes Bigos (geschmackloser als, Anm. Jean-Paul) Kerner die 140 in Klagenfurt festgenommenen Neonazis zu 100 Fußballhooligans beziehungsweise den in diesem Zusammenhang gerne in Anführungszeichen genannten Fans herunter.

Dienstag, 27. Mai 2008

Die teuflischen Tanten

Dass Lucy, Sandy, Mandy und die andere Mandy keine Engel sind, war mir zwar bekannt, dass sie Deutschland beim Eurovision Song Contest vertreten würden, erfuhr ich allerdings erst kurz vor Anpfiff.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten, diesen munteren Gesangswettstreit zu begehen: man informiert sich entweder vorher über das TV-Programm und ignoriert für ein paar Stunden die Taste Nummer eins auf der Fernbedienung, oder aber man fügt sich mit Unterstützung der Brauerei seines Vertrauens dem Schicksal. Da ich nun bereits am Nachmittag der durchaus nicht irrelevanten Frage auf den Grund ging, welches Fassungsvermögen - in Bierflaschen gerechnet - denn eigentlich der Kühlschrank im Bedarfsfall aufweisen könnte, war mein Weg in diesem Jahr allerdings vorherbestimmt.
Meine Erwartungen an die Belgrader (dem diesjährigen Austragungsort) Stadtmusikanten hätten nun, wenn vorhanden, gegen Null tendiert, wurden in der Folge aber bei weitem übertroffen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, nennenswert etwa Le Grand Lebœfski, die französische Antwort auf den Dude oder der greise, kroatische Straßenrapper 75 Cents, entsprachen die musikalischen Darbietungen zwar einmal mehr der Live-Übertragung einer Gruppe mit Valium gemästeter Paviane, die über Nacht in den Orchestergraben eines Opernhauses gesperrt wurde, dafür konnte aber die zweite Hälfte, die Abstimmungsphase, durchaus mit Spannung aufwarten, denn zum ersten Mal seit Guildo Horn und Moritz Mütze (oder so) hatte man wieder allen Grund mit den teutonischen Vertretern mitzufiebern.
Nicht etwa weil Lucy und die drei Mandys ernsthafte Chancen auf den Sieg gehabt, geschweige denn diesen verdient hätten, nein, sondern weil jede neuerliche Nullrunde die Hoffnung nährte, dass die vier Popstars-Pomeranzen einen der schlechtesten letzten Plätze in der Geschichte eines der schlechtesten Musikwettbewerbe belegen könnten. Leider wurde daraus nichts, denn einem ungeschriebenen Gesetz nach wird der ehemalige Grand Prix Eurovision de la Chanson nun mal mit Stimmen vom Balkan entschieden, und die Bulgaren gaben, weil eine der vier Mandys, ich glaube Lucy, ursprünglich von dort kommt, großzügige zwölf Punkte.
Vielleicht schickt man statt der teuflischen Tanten im nächsten Jahr gleich die Böhsen Onkelz - so wäre man in puncto letzter Platz immerhin auf der sicheren Seite.

Mittwoch, 7. Mai 2008

Neokalorienzähler

Obwohl der Anti-Diät-Tag, eine Initiative gegen den Schlankheitswahn, gegen skurrile Hungerkuren und ungesundes Fasten, nun zum insgesamt siebzehnten Mal stattgefunden hat, war die mediale Aufmerksamkeit zumindest hierzulande bislang relativ gering. Seit gestern aber ist die Protestaktion wider die Magersucht um einen gewichtigen Fürsprecher reicher: die Bundesregierung.
Getreu den Mottos "Dreck macht Speck" und "Kohl is beautiful" verordnete die schwarz-rote Koalition den Abgeordneten einen Schlemmerkurs, welcher vorsieht, dass die Mitglieder des Bundestags anstelle der bislang 700,9 spätestens im Jahr 2010 ganze 815,9 Kilocent pro Monat vertilgen sollen.
Zwar war abzusehen, dass die Hungerhaken von der Opposition Sturm gegen diese Politikermast laufen, ihre Angst jedoch, Beckschwarte und Spanmerkel könnten sich durch ihre Pfundskur Vorteile für den Wahlmarathon 2009 verschaffen, dürfte mehr als unbegründet sein.

Montag, 5. Mai 2008

Die Anti-Stimmungskanone

Diese Auszeichnung gebührt zweifelsohne Jean-Paul Téddôt, der es doch tatsächlich vorzieht sich mit einer Flasche Doppelkorn auf der Damentoilette einzuschließen anstatt mit großem Tschingderassa das Einjährige seines Logbuchs zu feiern.
Die kurze, aber immerhin nüchterne Bilanz kommt dafür jetzt: 93 Einträge in etwas über einem Jahr - für ein ambitioniertes Weblog definitiv zu wenig, für das T-Boot allerdings eine stolze Zahl.
Und wenn wir schon bei den Abrechnungen sind, sollen auch die Tops and Flops dieses Blogs nicht verschwiegen werden. Größtes Versäumnis des letzten Jahres war sicherlich der unter dem verheißungsvollen Arbeitstitel "Hämopetroleum" begonnene aber niemals fertig gestellte Eintrag zum Film There Will Be Blood, dafür darf der lange Zeit unangefochtene erste Platz bei der Google-Suche zum Bild-Slogan "Die stärkste Waffe eines Menschen ist seine Stimme" mit Sicherheit als das Highlight schlechthin bezeichnet werden.

Dienstag, 22. April 2008

Cock & Dragon

Ist nicht etwa die Neuauflage von Ang Lees Martial Arts-Spektakel, sondern ein Hahnenkampf der ganz anderen Art. Um in der Sprache der Parazoologie zu bleiben, handelt es sich dabei konkret um unseres Nachbarn Federvieh, den gallischen Gockel, der jüngst wie jeck gegen die goldenen Schuppen des fetten Drachen aus Fernost gepickt hat: nicht nur, dass in Lutetia das Lama non grata zum Ehrenbürger ernannt wurde, sondern mit ihm auch gleich der unlängst verurteilte Bürgerrechtler Hu Jia.
Beinahe verständlich, dass man darüber hinter der großen Mauer nicht gerade amused ist, denn die weltweiten Sympathiebezeugungen und Solidaritätsversicherungen mit Dalai vom Dach (der Welt), stoßen im Reich der Mitte keineswegs auf Begeisterung - macht man doch gerade dort das Oberhaupt der tibetischen Exilregierung für den mäßigen Erfolg des als Fackellauf angelegten Dramas Chinamann und die Brandstifter verantwortlich, welches derzeit auf den Bühnen rund um die Welt zu sehen ist.
Mögen doch nur diese Spiele der Freundschaft und Völkerverständigung endlich beginnen! Und kein Wort davon nach Peking, dass diese Idee eigentlich auf den Franzosen Pierre de Coubertin zurückgeht.

Mittwoch, 16. April 2008

Djian-Senf

Nein, kein Tippfehler sondern ein albernes Wortspiel um irgendwie auf 100 zu 1 zu sprechen zu kommen, eine Sammlung früher Kurzgeschichten von Philippe Djian, die zumindest eine gewisse Schärfe mit der Gewürzpaste gemeinsam hat. Djian soll seine Erzählungen im Alter von 22 Jahren geschrieben haben - zwar nicht in der französischen Senfkapitale, dafür aber an einer Autobahnmautstelle, während er dort dem Job des Kassierers nachging. Klang jedenfalls interessant genug, um ein Exemplar davon zu erwerben.
Darin enthalten elf Storys, die von den üblichen Verdächtigen bevölkert werden, vom welken Duft der Flowerpower umhüllt sind und sich noch nicht so richtig in das kalte Neonlicht der 80er Jahre trauen, in welchen sie geschrieben wurden. Macht aber nichts, denn gerade dadurch wird Djians Prosa eine ganz eigene, spezielle Aura verliehen, die noch am ehesten an Henry Chinaski auf einem Frankreichtrip erinnert: One-Night-Stands, die in Baumkronen leben und Flügel auf dem Rücken tragen, Porno-Autoren, die ein Bierchen trinken gehen und ihren Chefredakteur mit seiner Herzattacke auf der Toilette zurück lassen, sowie die ganz Verzweifelten - Viagra war noch nicht erfunden - die ihren Potenzproblemen mit einer Spritze flüssigen Wachses entgegentreten.
100 zu 1 ist zwar nicht das perfekte Dinner, der einschlägige Gourmetleser wird es aber als einen guten, hochprozentigen Apéro zu schätzen wissen, der Appetit auf Djians weiteres Œuvre macht.

Das hier ist Absurdistan

Irgendeine überbezahlte Werbeagentur in Diensten Axel Springers hat sich da ja etwas ganz was Tolles einfallen lassen, und an der Bushaltestelle vor meinem Küchenfenster ein neues Plakat angebracht. Darauf zu sehen Christoph Kolumbus, der den amerikanischen Kontinent betritt und feststellt: "Das ist nicht Indien". Darunter der Slogan: "Bild informiert. Leider erst seit 1952."

Sonntag, 6. April 2008

Volle Fahrt voraus!

Auch wenn die Telekom diesmal ihre wählscheibenverkrümmten Krallen ausnahmsweise nicht im Spiel hatte, dümpelt das T-Boot anstatt waghalsige Flottenmanöver durchzuführen, nun schon seit geraumer Zeit wieder in eher seichten Gewässern vor sich hin.
Schuld daran sind zahlreiche anderweitige Verpflichtungen, die zwar durchaus Bloggenswertes zu liefern gehabt hätten, wären sie nicht besser aufgehoben in Weblogs wie "Die Axt im Haus zerstört das Heim - Und der Zimmermann muss trotzdem ran", "Meine schönsten Umzüge - Warum es von Flensburg nach Garmisch manchmal schneller geht als innerorts" oder "Das Online-Tagebuch des unbekannten Fabrikarbeiters - Eindrücke und Gedanken die auf dem Fließband vorüberfahren".
Dumm nur, dass in der Zwischenzeit einige brisante Themen verpasst wurden und die Leserschaft von schätzungsweise dreieinhalb auf zirka zwei Personen geschrumpft sein dürfte - diese beiden können allerdings gleich in doppelter Hinsicht vertröstet werden: Erstens sind die jüngsten Diskussionen derart ergiebig, dass man ihnen vermutlich auch ein eigenes Weblog widmen könnte, und das wahrscheinlich noch in einem halben Jahr; das Märchen von der barmherzigen hessischen Metzgerin, die aus lauter Mitleid die Sau von der Schlachtbank springen ließ und die SPD deshalb in eine Art Selbstkannibalismus trieb, oder die Renaissance der Propagandaspiele, welche Kaiser Wilhelm II. beinahe wie einen Propheten wirken lassen, und die Fragen aufwerfen, ob uns die Genese eines Nationalkommunismus bevorsteht, und welchen Stern oder was auch immer man wohl den tibetanischen Mönchen aufs Gewand näht, sind noch lange nicht erschöpft.
Zweitens aber lautet das Credo der kommenden 18 Tage - in etwa - "Mehr Blog fürs Geld", denn Jean-Pauls Pott feiert in nicht ganz drei Wochen den Jahrestag des Stapellaufs, weshalb die Devise klotzen und nicht kleckern lautet: mindestens die Marke der einhundert Eniträge will bis dato erreicht sein.

Donnerstag, 6. März 2008

Kein Kino für alte Männer

Zugegeben, Gewalt im Film ist alles andere als neu, kalter Kaffe eben oder bestenfalls ein lauwarmes Lichtspiel. Dass nun ausgerechnet Ethan und Joel Coen für ihren texanischen Thriller No Country for Old Men ganze vier Oscars - darunter auch noch den begehrtesten für den besten Film - abgesahnt haben, mag daher schon etwas dubios anmuten.
Aber genau so zieht auch dieser Streifen auf der Leinwand vorüber: Dubios. Skurril. Irritierend. Eine Art Remake von David Lynchs Lost Highway, gedreht von Quentin Tarantino zwischen den beiden Kill Bill-Teilen, welches obendrein den typischen Charme früherer Coen-Filme wie etwa Fargo oder Blood Simple versprüht.
Und dennoch ist No Country for Old Men das angekündigte Neuland, denn die zur Schau gestellte Brutalität in Gestalt des perfektionierten Bösen, des "ultimativen Arschlochs", brillant verkörpert von Javier Bardem, der dafür zurecht den Oscar für die beste Nebenrolle einheimste, ist nicht nur einfach sinnlos im Sinne sinnloser Gewalt.
Im Gegenteil, man könnte die Motive des gefühlskalten Profikillers Anton Chigurh wahrscheinlich relativ einfach aufdecken, wenn nicht diese beiden Regie führenden und Drehbuch schreibenden Brüder ganze Arbeit geleistet und eine Entschlüsselung nahezu unmöglich gemacht hätten. Letztlich bleibt dem Zuschauer und den anderen Charakteren nur eine Möglichkeit: Die Flucht vor dem Psychopathen mit dem Bolzenschussapparat.
Der Zugang zu diesem Film ist sicher nicht leicht, aber wie Tommy Lee Jones als Sheriff Ed Tom Bell bereits zu Beginn des Films konstatiert, ist dieses Land auch schließlich nichts mehr für alte Männer. Dieses Kino auch nicht.

Dienstag, 26. Februar 2008

Ein Amerikaner in Pjöngjang

Nette Überschrift, stimmt aber nicht ganz, denn derzeit halten sich gleich mehrere Amerikaner in der nordkoreanischen Kapitale auf, nämlich die New Yorker Philharmoniker, die dort im Rahmen eines Konzertes unter anderem auch George Gershwins bekannte Suite zum Besten geben, in welcher der Protagonist durch Paris wandelt.
Obwohl der Auftritt bereits als diplomatischer Geniestreich gefeiert wird, dürfte bislang allerdings unklar sein, ob die Musikanten jemals wieder aus der demokratischen Volksrepublik in den Big Apple zurückkehren werden, denn der "Liebe" Führer, dessen PdAK (Partei der Arbeit Koreas) neben Hammer und Sichel auch den Pinsel in ihrer Flagge führt, hat sich in der Vergangenheit schon häufig als allzu großer Kunstliebhaber erwiesen - etwa 1977 als der passionierte Cineast den Regisseur Shin Sang-ok und seine Frau, die Schauspielerin Choi Eun-hee aus dem südlichen Teil der koreanischen Halbinsel entführen lassen hat.
Ein Hintertürchen bleibt freilich auch für Lorin Maazel und sein Ensemble offen: In der Vergangenheit trat das Orchester immer wieder hinter dem Eisernen Vorhang auf, und auch dieser ist schließlich eines Tages gefallen - unter Umständen ja sogar aufgrund musikalischer Beschallung. In diesem Fall kann die Devise also nur lauten: Spielt’s ihm noch einmal, dem Kim!

T-Boot-TV-Tipp: arte strahlt das kuriose Konzert übrigens ab 19.00 Uhr aus.

Samstag, 16. Februar 2008

Die U-Frage

Was ist der Unterschied zwischen Jean-Paul Téddôt und Klaus Zumwinkel? Ganz einfach: während das T-Boot nach beinahe halbmonatigem Tauchgang wieder an der Oberfläche der Blogosphäre erscheint, hat sich der ehemalige Post-Primus endgültig als untragbar (oder sollte man besser sagen unzustellbar?) erwiesen. Eine durchaus nachvollziehbar Entwicklung, denn während sich Jean-Paul Téddôt in der Zwischenzeit mit John Stuart Mills Utilitarismus und somit der Theorie befasst hat, dass die Förderung des allgemeinen gegenüber der des individuellen Glücks absoluten Vorrang genießt, hat der einst erste Briefträger im Land Millionen Euro (und das auch noch in Briefmarken!) an Steuern hinterzogen. Um Glück zu erreichen, so Mill weiter, ist es unabdingbar die Lust zu befriedigen beziehungsweise die Unlust abzuwenden. Dementsprechend ist alles, was zum Lustgewinn beiträgt nützlich - daher auch die Bezeichnung Utilitarismus. Während Zumwinkels Machenschaften nun weder lustvoll noch lustig sind, gelingt es M. Téddôt mit seinem neusten Eintrag immerhin einen seiner dreieinhalb Stammleser zu unterhalten, und nebenbei den Beweise zu führen, dass auch dröge Moraltheorien eine praktische Entsprechung finden können.

Dienstag, 29. Januar 2008

Oh, Roberto!

Die Überschrift dieses Eintrags wäre als Anrede in diversen Situationen denkbar, etwa von einer schnalzenden Zunge begleitet an den Koch der Lieblingstrattoria gerichtet oder mit flehenden Händen gen Himmel, nach einem verschossenen Elfmeter im Finale der Fußball-WM. Hier nun soll jedoch eine andere Variante im Zentrum stehen: die stirnrunzelnd den BILD-Schreiberling belächelnde.
Ganz in der Tradition des Hauses Springer, Namen in die denkbar originellsten Wortspiele zu verwandeln (unvergessen der Herr Mehrdorn von der Deutschen Bahn), handelte nämlich Roberto Lamprecht, dessen Artikel über den brasilianischen Fußballspieler Gilberto jüngst auf der Online-Spielwiese von Deutschlands schäbigstem Boulevard zu bestaunen war. Der Kicker von der Copacabana der bis vor kurzem mit seinem Arbeitgeber, dem Berliner Fußballclub Hertha BSC, um einen neuen Vertrag feilschte, wurde von Herrn Lamprecht deshalb kurzerhand in "Gierberto" umbenannt.
Scheinbar fand Herr Lamprecht nun seinen Namensverdreher derart lustig, dass er ernsthafte Bedenken hatte, seine Schöpfung könne verloren gehen innerhalb der wirren Auflistung von Brutto- und Nettosummen, welche summa summarum das Salär des Samba-Bolzers ergeben sollen, und hatte aus diesem Grund ganz tief in die stilistische Trickkiste gegriffen: die Gier in "Gierberto" hat er nämlich extra in großen Lettern hervorgehoben. Ganz schön clever, eine wahre Leuchte, der LAMPENrecht (na, na, wer hat's kapiert?).

Der Fairness halber muss erwähnt werden, dass RobertOH! (hihihi, noch so ein Kracher!) nicht alleine für den Artikel verantwortlich ist - ein gewisser Henning Feindt scheint ebenfalls seiner Finger im Spiel gehabt zu haben. Warum jedoch ür einen Textbeitrag dieser Länge und Güteklasse gleich zwei Autoren entlohnt wurden, bleibt aber Springers Verlagsgeheimnis.

Samstag, 12. Januar 2008

Eisbärendreck, die Zweite

In Nürnberg droht derzeit eine Neuauflage der Geschehnisse, die sich im vergangenen Jahr im Tierpark der Bundeshauptstadt ereignet haben: eine weiß bepelzte Dame vom Polarkreis hat kurzerhand ihr Neugeborenes vor die Türe gesetzt, welches nun aller Voraussicht nach von Menschenhand großgezogen werden muss.
Eigentlich nicht der Rede wert, wenn nicht auch schon wieder dieses widerwärtige Medieninteresse aus seinem Winterschlaf erwachen würde, welchem offenbar nach nichts anderem der Sinn steht, als jedes Eisbärenbabybäuerchen in Bild und Ton zu dokumentieren.
Natürlich sind Tiergeschichten hip - vor allem in einem Zeitalter, in dem praktisch jedes zoologische Institut Deutschlands seine eigene nachmittägliche Daily Soap hat. Aber muss man der Republik nach Knut und Bruno nun ausgerechnet auch noch einen dritten Bären aufbinden? Bekommen Stinktiere etwa keinen Nachwuchs oder profitieren außer Steiff und Springer in Wirklichkeit noch ganz andere Parteien davon, Kinder, infantile Erwachsene und BILD-Leser jeden Tag aufs neue mit Bloggernerven tötenden Petz-Storys zu delektieren?

Montag, 7. Januar 2008

Schwarztee-Bomber

In Darjeeling Limited reisen drei Brüder auf einer Art verkrampftem Selbstfindungstrip via Dampfross über den indischen Subkontinent - mehr lässt sich zum Inhalt von Wes Andersons neuestem Film auch schon gar nicht mehr berichten, denn der Streifen folgt altbewährten Mustern.
Aber das ist auch gut so, denn die skurrilen Situationen, in welche die noch skurrileren Charaktere immer wieder driften, die wunderschön arrangierten Bilder und der stets wie ein maßgeschneiderter Anzug sitzende Soundtrack machen alles andere so gut wie überflüssig, der jeweilige Moment spricht für sich selbst. Anstatt permanent gewaltsam Lachsalven auf den Zuschauer abzufeuern, serviert Anderson einmal mehr den für seine Filme typischen trockenen, wortkargen Humor in homöopathischen Dosen und erreicht gerade auf diesem Weg diese spezielle Komödienkomposition, nach der viele andere immer wieder vergeblich streben: Coolness, Style und das Gefühl, gut unterhalten den Kinosaal zu verlassen.
Natürlich mag man dem Regisseur mangelnde Experimentierfreudigkeit vorwerfen - diese beginnt zum Beispiel schon beim Casting, den neben Owen Wilson sind etwa Anjelica Houston oder Bill Murray auch dieses Mal wieder mit von der Partie - doch Anderson hat längst seine spezielle Klientel gefunden, die irgendwo zwischen - man verzeihe die abgedroschene Floskel - Kult und Kommerz logiert. Dieser schenkt er einmal mehr großzügig ein, in Darjeeling Limited nicht nur mit schwarzem Tee, sondern einem zusätzlichen Aperitif: dem Kurzfilm Hotel Chevalier. Ein Kinobesuch der sich in allen Belangen gelohnt hat.

Sonntag, 6. Januar 2008

TMAX

Es dürfte hinlänglich bekannt sein, dass man sich auf dem T-Boot nur mit dem Maximum zufrieden gibt, aber darum dreht sich die Überschrift dieses Eintrags ja auch gar nicht, denn auch andernorts ist man stets darum bemüht, das Bestmögliche herauszuholen. So auch bei der Telekom, welche die von meinem Telefonanbieter als schlimmstenfalls sechs Wochen andauernd ausgewiesene Frist für den Umzug meines Anschlusses doch tatsächlich bis auf den letzten Tag ausgereizt hat. Danke für nichts, Jungs!

Ansonsten frohe Kunde für alle Leser dieses Blogs: Falls weitere Sabotageakte oder Eingriffe höherer, niederträchtiger Gewalt ausbleiben, werden an dieser Stelle in gewohnt unbotmäßiger Regelmäßigkeit die neuesten Abenteuer von Jean-Paul Téddôt und seiner ollen Jolle nachzulesen sein.