Donnerstag, 28. Januar 2010

Souvláki Sezuan-Art

Irgendwie hat sie ja schon ihren Charme, die griechische Idee, Staatsanleihen nach China zu verticken. Beinahe automatisch drängt dabei nämlich die Vorstellung eines hellenisch-maoistischen Kulturaustausches auf, der gewisser Reize durchaus nicht entbehrt: Tischtennisturniere im Parthenon, Sirtaki tanzende KP-Funktionäre und eine Transrapidlinie vom Flughafen in äh... Athen direkt zum Platz des himmlischen Friedens.
Die Realität sähe freilich anders aus: Onassis enteignet, Nana Mouskouri ein Opfer der Kulturrevolution und das Reich der Mitte plötzlich mit Stimmrecht in Brüssel.
Und weil die Griechen sich ihren großen Sprung nach vorn wohl ebenfalls anders vorgestellt haben, dementieren sie nun dementsprechend eifrig.
Das erspart voraussichtlich nicht nur jede Menge Ungemach, sondern verhindert auch kulinarische Kapriolen der in der Überschrift bereits angedeuteten Güteklasse.

Montag, 11. Januar 2010

GOTT beisst Mann

Weil die unter "versenkte Schiffe" aufgeführte "Libri-Klasse" in diesem Blog leider viel zu kurz kommt, kommt an dieser Stelle eine kurze Leseempfehlung für alle nicht blinden Passagiere auf dem T-Boot: bei Vorsicht, bissiger Gott handelt es sich um eine Sammlung von 14 Kurzgeschichten, die von ihrem Urheber, Shalom Auslander, im Untertitel als Fiese Storys umschrieben werden - ein Umstand, den der Urheber dieses Eintrages vorbehaltlos unterschreibt.
Fies, weil GOTT (und zwar der jüdische, oder, um den interreligiösen Dialog nicht durch unerwünschte Zwischenrufe zu stören, GOTT aus der jüdischen Perspektive) darin schon mal zur Knarre greift, wenn der TOD seinen Pflichten nicht nachkommt.
Fies auch, weil eben jener GOTT hier auch als Stalker beschrieben wird, der seinen Gläubigen irrsinnige Aufgaben überträgt und bei Nichterfüllung mit den üblichen Plagen droht.
Fies zuletzt, weil selbst die Tierwelt hierin besser wegkommt, als die Vertreter der Spezies Homo sapiens Homo erectus; sei es in Form eines angewidert dreinblickenden Hundes, der seinem masturbierenden Herrchen ein schlechtes Gewissen beibringt oder in Gestalt einiger Schimpansen, die im Gegensatz zu ihren Artverwandten vor der Scheibe des Zoos in der New Yorker Bronx, von der Erkenntnis getroffen den Freitod wählen.
Neben fies sind Auslanders Geschichten vor allem zynisch und respektlos, manchmal tieftraurig und manchmal zum Schreien komisch, insbesondere aber lesenswert.

Samstag, 9. Januar 2010

Das tolldreiste Schneiderlein

Wenn ich so etwas lesen muss, werden unweigerlich Kindheitserinnerungen wach. Schon damals konnte ich nur mit Kopfschütteln auf die Fernsehbilder reagieren, auf denen ganze LKW-Ladungen voller Tomaten aus Gründen der Markt- oder Machtstabilisierung ins Meer gekippt wurden. Aber wer weiß, vielleicht hat es ja auch etwas Gutes, dass sich selbst in unserer schnelllebigen Zeit manche Dinge nicht ändern. Welche genau, konnte ich bislang allerdings noch nicht ergründen.

Freitag, 8. Januar 2010

Sofia Calling

So eine Überschrift kommt dabei raus, wenn man einen in London spielenden Roman eines bulgarischen Autoren mit dem Titel eines Klassikers der Sex Pistols zu kombinieren versucht. Immerhin schafft es Alek Popovs Mission: London damit in dieses Weblog.
Die Handlung en bref: der aufgeblasene bulgarische Diplomat Varadin Dimitrov tritt nach mehrmonatiger Vakanz die Stelle des Botschafters in der britischen Hauptstadt an. Alles was er jedoch vorfindet, ist ein Sauhaufen, der sich dank Dimitrovs eigener Unfähigkeit - sowie mit tatkräftiger Unterstützung einiger Kleinkrimineller, einer dubiosen PR-Agentur und einer widerspenstigen Putzfrau - im Verlauf der Geschichte über einen Scherben- bis hin zu einem Trümmerhaufen zu entwickeln droht. Dass am Ende wieder der Urzustand einkehrt und die gesamte Delegation wider Erwarten doch nicht nach Sofia zurückbeordert wird, ist dabei weniger dem Geschick der Protagonisten als eher dem Glück oder göttlicher Fügung zuzuschreiben.
Sprachlich und stilistisch sicher kein Meisterwerk - dies mag freilich nur für die deutsche Übersetzung gelten - kann Mission: London durch seinen hohen Unterhaltungswert dennoch überzeugen. Indem er sich sämtlicher Klischees über Osteuropa und den Balkan bedient, bildet der Roman auf pointierte Weise die Anstrengungen, Hoffnungen und Sorgen der Beitrittskandidaten während der Gespräche um die EU-Osterweiterung ab. Popov inszeniert einen subtilen Clash of Cultures, der zwar mit einigen humoristischen Höhepunkten aufwarten kann, vor allem aber auf einem konstanten Niveau zu amüsieren weiß.