Dienstag, 22. April 2008

Cock & Dragon

Ist nicht etwa die Neuauflage von Ang Lees Martial Arts-Spektakel, sondern ein Hahnenkampf der ganz anderen Art. Um in der Sprache der Parazoologie zu bleiben, handelt es sich dabei konkret um unseres Nachbarn Federvieh, den gallischen Gockel, der jüngst wie jeck gegen die goldenen Schuppen des fetten Drachen aus Fernost gepickt hat: nicht nur, dass in Lutetia das Lama non grata zum Ehrenbürger ernannt wurde, sondern mit ihm auch gleich der unlängst verurteilte Bürgerrechtler Hu Jia.
Beinahe verständlich, dass man darüber hinter der großen Mauer nicht gerade amused ist, denn die weltweiten Sympathiebezeugungen und Solidaritätsversicherungen mit Dalai vom Dach (der Welt), stoßen im Reich der Mitte keineswegs auf Begeisterung - macht man doch gerade dort das Oberhaupt der tibetischen Exilregierung für den mäßigen Erfolg des als Fackellauf angelegten Dramas Chinamann und die Brandstifter verantwortlich, welches derzeit auf den Bühnen rund um die Welt zu sehen ist.
Mögen doch nur diese Spiele der Freundschaft und Völkerverständigung endlich beginnen! Und kein Wort davon nach Peking, dass diese Idee eigentlich auf den Franzosen Pierre de Coubertin zurückgeht.

Mittwoch, 16. April 2008

Djian-Senf

Nein, kein Tippfehler sondern ein albernes Wortspiel um irgendwie auf 100 zu 1 zu sprechen zu kommen, eine Sammlung früher Kurzgeschichten von Philippe Djian, die zumindest eine gewisse Schärfe mit der Gewürzpaste gemeinsam hat. Djian soll seine Erzählungen im Alter von 22 Jahren geschrieben haben - zwar nicht in der französischen Senfkapitale, dafür aber an einer Autobahnmautstelle, während er dort dem Job des Kassierers nachging. Klang jedenfalls interessant genug, um ein Exemplar davon zu erwerben.
Darin enthalten elf Storys, die von den üblichen Verdächtigen bevölkert werden, vom welken Duft der Flowerpower umhüllt sind und sich noch nicht so richtig in das kalte Neonlicht der 80er Jahre trauen, in welchen sie geschrieben wurden. Macht aber nichts, denn gerade dadurch wird Djians Prosa eine ganz eigene, spezielle Aura verliehen, die noch am ehesten an Henry Chinaski auf einem Frankreichtrip erinnert: One-Night-Stands, die in Baumkronen leben und Flügel auf dem Rücken tragen, Porno-Autoren, die ein Bierchen trinken gehen und ihren Chefredakteur mit seiner Herzattacke auf der Toilette zurück lassen, sowie die ganz Verzweifelten - Viagra war noch nicht erfunden - die ihren Potenzproblemen mit einer Spritze flüssigen Wachses entgegentreten.
100 zu 1 ist zwar nicht das perfekte Dinner, der einschlägige Gourmetleser wird es aber als einen guten, hochprozentigen Apéro zu schätzen wissen, der Appetit auf Djians weiteres Œuvre macht.

Das hier ist Absurdistan

Irgendeine überbezahlte Werbeagentur in Diensten Axel Springers hat sich da ja etwas ganz was Tolles einfallen lassen, und an der Bushaltestelle vor meinem Küchenfenster ein neues Plakat angebracht. Darauf zu sehen Christoph Kolumbus, der den amerikanischen Kontinent betritt und feststellt: "Das ist nicht Indien". Darunter der Slogan: "Bild informiert. Leider erst seit 1952."

Sonntag, 6. April 2008

Volle Fahrt voraus!

Auch wenn die Telekom diesmal ihre wählscheibenverkrümmten Krallen ausnahmsweise nicht im Spiel hatte, dümpelt das T-Boot anstatt waghalsige Flottenmanöver durchzuführen, nun schon seit geraumer Zeit wieder in eher seichten Gewässern vor sich hin.
Schuld daran sind zahlreiche anderweitige Verpflichtungen, die zwar durchaus Bloggenswertes zu liefern gehabt hätten, wären sie nicht besser aufgehoben in Weblogs wie "Die Axt im Haus zerstört das Heim - Und der Zimmermann muss trotzdem ran", "Meine schönsten Umzüge - Warum es von Flensburg nach Garmisch manchmal schneller geht als innerorts" oder "Das Online-Tagebuch des unbekannten Fabrikarbeiters - Eindrücke und Gedanken die auf dem Fließband vorüberfahren".
Dumm nur, dass in der Zwischenzeit einige brisante Themen verpasst wurden und die Leserschaft von schätzungsweise dreieinhalb auf zirka zwei Personen geschrumpft sein dürfte - diese beiden können allerdings gleich in doppelter Hinsicht vertröstet werden: Erstens sind die jüngsten Diskussionen derart ergiebig, dass man ihnen vermutlich auch ein eigenes Weblog widmen könnte, und das wahrscheinlich noch in einem halben Jahr; das Märchen von der barmherzigen hessischen Metzgerin, die aus lauter Mitleid die Sau von der Schlachtbank springen ließ und die SPD deshalb in eine Art Selbstkannibalismus trieb, oder die Renaissance der Propagandaspiele, welche Kaiser Wilhelm II. beinahe wie einen Propheten wirken lassen, und die Fragen aufwerfen, ob uns die Genese eines Nationalkommunismus bevorsteht, und welchen Stern oder was auch immer man wohl den tibetanischen Mönchen aufs Gewand näht, sind noch lange nicht erschöpft.
Zweitens aber lautet das Credo der kommenden 18 Tage - in etwa - "Mehr Blog fürs Geld", denn Jean-Pauls Pott feiert in nicht ganz drei Wochen den Jahrestag des Stapellaufs, weshalb die Devise klotzen und nicht kleckern lautet: mindestens die Marke der einhundert Eniträge will bis dato erreicht sein.