Samstag, 30. Juni 2007

Fundbüro

In Buenos Aires tauchte dieser Tage ein auf den Namen Riccardo Klement ausgestellter, gefälschter Reisepass auf. Da ich nun glaubte, den vermeintlichen Besitzer zu kennen, wollte ich mich bereits mit den dortigen Behörden in Verbindung setzen, als mir zufällig jenes nicht unwichtige Detail ins Auge fiel: der Pass wurde nämlich bereits in den Vierzigerjahren des neunzehnten Jahrhunderts ausgestellt. Weitere Recherchen lösten in der Folge meinen Verdacht völlig auf, denn der Leiter des Reichssicherheitshauptamtes heißt mittlerweile Bundesinnenminister, und Wolfgang Schäuble schließlich nicht Adolf Eichmann. Man kann nur hoffen, dass sich dank der neuen biometrischen Reisepässe derartige, unter Umständen peinliche Missverständnisse in Zukunft vermeiden lassen.

Dienstag, 26. Juni 2007

Vom R2-D2 zum Terminator

Diese sonderbare Wandlung hat einem ARD-Bericht zufolge ein Datenroboter des verfassungsrechtlich strittigen Zentrums für Nachrichtenwesen der Bundeswehr vollzogen - zumindest behaupten dies die Verantwortlichen: Bei einem Datentransfer seien auf Bänder ausgelagerte Daten von dem fiesen Robo gelöscht und die dadurch nicht mehr lesbaren Kassetten deshalb vernichtet worden. Pikanterweise befanden sich auf eben jenen Bändern genau die Daten, die zwischen 1999 und 2003 in Bundeswehreinsatzgebieten gewonnen wurden, darunter also auch die vom zuständigen Untersuchungsausschuss angeforderten Informationen zur Aufklärung im Fall Kurnaz.
Dass Geheimdienste Daten vernichten ist ein alter Hut, militärische Nachrichtendienste betreffend meinetwegen auch Helm. Dass diese Praxis jedoch so offensichtlich und nicht wie für Organisationen dieser Art üblich im eben Geheimen vollzogen wurde, ist ein Affront gegen den ganzen Berufsstand der Agenten und Spione, schlicht und ergreifend eine Frechheit, die von stümperhafter Arbeit zeugt - und dies ausgerechnet von einem Geheimdienst, dessen gesetzliches Fundament ohnehin auf einem äußerst schwammigen Untergrund, sprich Sumpf, errichtet wurde, und von welchem man also gerade deshalb etwas mehr Diskretion erwarten dürfte, denn per Verfassung ist der Bundesnachrichtendienst die einzige für die Auslandsaufklärung zuständige staatliche Institution.
Der Aufbau eines parallel und durchaus in Konkurrenz zum BND existierenden, bundeswehreigenen Spionagenetzwerks ist an Dreistigkeit nur noch durch den lächerlichen Versuch zu überbieten, sich nun mit einem Daten demolierenden Droiden herausreden zu wollen, denn bei Wehrausgaben, die jährlich 1,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes auffressen, könnte man eigentlich davon ausgehen, dass die Verantwortlichen nicht unbedingt im Second-Electric-Laden um die Ecke einkaufen.

Montag, 25. Juni 2007

Aspirin statt Frolic

Aus dem Greenpeace Magazin 4.07:

"2.412.678 Versuchstiere starben 2005 in deutschen Labors. Das ist ein erneuter Anstieg um 6,5 Prozent."

Die Tatsache, dass es scheinbar nach wie vor nicht ohne Tierversuche geht, dabei zweieinhalb Millionen Lebewesen den Tod finden, also zweieinhalb Millionen Mal der makabere Tauschhandel fremdes gegen eigenes Leben vollzogen wird, ist schon schlimm genug. Weitaus erschreckender ist jedoch diese Zunahme um sechseinhalb Prozent, denn obwohl Tierversuche seit Jahrzehnten in stetig wachsender Kritik stehen, erfreut sich der kostengünstige animalische Rohstoff dabei auch noch eines zunehmenden Verbrauchs.
Wenn die Forschung nun schon nicht dazu in der Lage ist, alternative Experimente durchzuführen, ist es dann nicht wenigstens möglich, immerhin etwas sorgsamer mit dem zum Wohle der Menschheit geopferten tierischen Leben umzugehen? Wie effizient ist die Forschung überhaupt, wenn sie Leben wie etwa billigen Sprit aus der luxemburgischen Tankoase verheizt?
Forschung ist, wie die forschenden Pharma-Unternehmen gerne in ihren Fernsehwerbespots erzählen, die beste Medizin. Aber wer führt diese Versuche durch, denen immer mehr Lebewesen zum Opfer fallen müssen? Überforderte Praktikanten oder Ein-Euro-Jobber?

Samstag, 16. Juni 2007

Schäuble in Lederhosen

Da vergeht einmal eine Woche ohne Orwell'sche Vorschläge zu Gesetzesänderungen, und was passiert? Der bayerische Innenminister, eben jener Trachtenträger aus der Überschrift, fängt an zu kläffen. Es ist beinahe so, als gäbe es neben dem Original in Berlin eine kleine, giftige Kopie, ähnlich Dr. Evil und seinem Mini-Me aus den Austin Powers-Filmen. Kaum ist nämlich die Linke gegründet, ja nicht mal einen Tag alt, da verlangt Schäub-Me Beckstein schon deren Überwachung durch den Verfassungsschutz - schließlich kann es ja nicht angehen, dass Kommunisten, ach, was sage ich, Stalinisten in Deutschland ungehindert schalten und walten dürfen. Aber, lieber Mini-Wolf, wer überwacht denn eigentlich diesen fäkalien-braunen Sumpf aus Burschenschaften, Geldadel, Schützenvereinen, Weltkriegsveteranen und Volksmusikern, den Ihr in Bayern kurz, und wie mir scheinen will liebevoll, CSU nennt?

Tag der Parteitage

Die PDS ist tot, es lebe die Linke! Während in der Hauptstadt heute der Gründungsparteitag der Linken, jener Fusion aus Partei des demokratischen Sozialismus und Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit, zelebriert wurde, fand im weit entfernten Stuttgart der 58. Parteitag der besser verdienenden Konkurrenz statt. Und während nun die kleinen Oppositionsparteien zum Halali blasen, stößt die SPD in Bremen schon mal präventiv dem schwarzen Koalitionspartner den Dolch in den Rücken und lässt sich einmal mehr auf eine grüne Liaison ein. Ein vielleicht gar nicht so kleiner Schritt für die Hansestadt und unter Umständen ein noch größerer für Deutschland.

Donnerstag, 14. Juni 2007

Nastrovzy und Salutin

Treffen der anonymen Alkoholiker in Heiligendamm: während Georg II., König der vereinten Überseekolonien Frankreichs und Großbritanniens, sich schon von seinem Stab wegen Kopfschmerzen und Unwohlsein entschuldigen ließ - bezeichnenderweise nachdem am Abend zuvor bereits die Bilder einer geselligen Runde in alle Welt ausgestrahlt wurden, die das Staatsoberhaupt unter anderem bei dem Versuch zeigten, sich ein Glas Bier einzuschenken - sorgt nun ein weiterer Teilnehmer des internationalen Forums für Anti-Abstinenzler für Furore: der neo-napoleonische Nicolas Sarkozy.
Stein des Anstoßes ist die Aufnahme einer Pressekonferenz während des G8-Gipfels, die Sarkozy in nur bedingt regierungsfähigem Zustand zeigt, nachdem er mit halbstündiger Verspätung von einem Vieraugengespräch mit ausgerechnet Sufflands Präsidenten Vladimir Putin zurückgekehrt war. Haben sich die beiden nun also hinter verschlossenen Türen tatsächlich das eine oder andere Gläschen genehmigt oder hat der ehemalige KGB-Agent gar geheimdienstliche Kniffe angewandt um den eigentlich als Kämpfer für Anstand und Moral bekannten Franzosen vor den anwesenden Journalisten zu düpieren?
Fragen, die unter anderem in belgischen oder deutschen Medien diskutiert werden - in Frankreich hingegen hält man sich dezent zurück, denn Sarko ist für seinen nicht gerade zimperlichen Umgang mit der Presse bekannt.
Aber auch das eint ihn neben der Trinkfreudigkeit mit dem Despoten von der Moskwa und genau das könnte ja auch der Anlass dazu gewesen sein, gleich mehrfach mit Kartoffelschnaps auf Brüderschaft anzustoßen.

Dienstag, 12. Juni 2007

Wer hat an der Uhr gedreht?

Was hängt an der Wand und macht ticktack? Richtig. Was hing an Bushs Hand und machte ticktack? Genau. Der erste Staatsbesuch eines US-Präsidenten in Albanien könnte zugleich auch der letzte gewesen sein, denn das Ereignis, welches sich am Sonntag in der Hauptstadt Tirana zugetragen hat, dürfte mit Sicherheit in den Reiseführer staatsbesuchender Politiker aufgenommen werden: während George W. Bush das Bad in der Menge genoss - treffender wäre, sich wie der Messias feiern ließ - nutzte einer der Anwesenden die Gunst der Stunde und bemächtigte sich der Armbanduhr des amerikanischen Gastes. Obwohl Hersteller und Modell nicht bekannt sind, lässt sich beim Zeitmesser eines Präsidenten davon ausgehen, dass dem Dieb mit Sicherheit ein guter Fang geglückt ist. Obendrein muss man, bei aller bloggerischen Objektivität, auch den an einem der wohl bestbewachten Männer der Welt durchgeführten Diebstahl würdigen; Arsène Lupin würde vor Neid erblassen.

P.S. Liebe Albaner, es ist gut zu wissen, dass es dort draußen noch ein Land gibt, in dem ein gesunde, konstruktiv-kritische Haltung zu den USA existiert. Die symbolische Geste der globalen Umverteilung - anders kann der Vorfall doch nicht gedeutet werden, oder? - verdient in der Tat Anerkennung. Solltet Ihr jedoch in den nächsten Tagen zwischen Nordkorea und dem Iran auf der Liste der Schurkenstaaten auftauchen, braucht Ihr Euch nicht zu wundern.

Samstag, 9. Juni 2007

Servus, Erdnuss!

Wie bekannt sein dürfte trat am Rande des G8-Gipfels in Heiligendamm auch US-Star-Komiker George W. Bean auf, dessen Nummer mit dem überlaufenden Bierglas jedem - vor allem der Kanzlerin, die direkt daneben saß - noch in freudiger Erinnerung sein dürfte.
Für das im Rahmen einer Europa-Tournee stattfindende Gastspiel im Vatikan hat sich die Ulknudel nun wieder etwas ausgedacht: kurzerhand schlug der den Papst zum Ritter, sprach den Papa einfach mal mit "Sir" an. Beim anschließenden Geschenketausch machte Ratze selbst sich dann endgültig zum Ritter der Kokosnuss, ging George erneut auf den Leim: Während er seinem Besucher einen wertvollen Kunstgegenstand aus dem 17. Jahrhundert überreichte, ließ er sich von Bean mit einem ollen Stab abspeisen, auf welchen kurz zuvor ein Obdachloser gegen den Obolus von zwei Dosen Hansa-Pils die zehn Gebote gekritzelt hatte.
Wenn Appelt und Konsorten doch nur annähernd so witzig wären...

Außer Spesen nichts gewesen

Nun ist der G8-Gipfel vorbei, und alles was bleibt ist ein Sperrzaun um das Strandbad in Heiligendamm, eine neue Grenze mitten auf deutschem Boden. Angesichts des aus Betonklötzen bestehenden Fundaments muss man sich ernsthaft die Frage stellen, was der Bauherr tatsächlich mit diesem wie es scheint für die Ewigkeit gedachten Schutzwall im Sinn hatte.
Was nun tun mit diesem Unikum? Es als Mahnmal stehen lassen, um den Ostdeutschen klarzumachen, dass die Mauer im Bedarfsfall schneller wieder steht als ihnen lieb ist? Oder wird das ganze Areal umfunktioniert zum Umerziehungscamp für Green Peace- und Attac-Mitglieder, über dem Eingangstor das bedeutungsschwangere Schild Globalisierung macht frei?

Keine halben Sachen

Da gerät das halbe Großstädtchen Halberstadt einmal mit einem halbwegs großstädtischen Drogenskandal in die Schlagzeilen, und weiß nichts besseres mit diesem neuen Image anzufangen, als es gleich darauf wieder zu demolieren um energisch den Status Pampa aufrechtzuerhalten. Denn wo sonst, wenn nicht in der hintersten Walachei wird ein Theater-Ensemble - vermutlich - wegen des Irokesenschnitts, der zur Rolle eines der Darsteller gehört, und - vermutlich - gerade deswegen aus "politischen Gründen" auf offener Straße krankenhausreif geprügelt?
Es lässt sich also festhalten, dass der ursprünglich in humoristischem Sinne gebrauchte Terminus Sachsen-Stillstand zumindest für die Halberstädter in Wirklichkeit bitterer Ernst ist. Oder einfach dummer August.

Freitag, 8. Juni 2007

Opium fürs Volk

Dass Religion selbiges ist, hat bereits Karl Marx vermerkt, dass sie aber auch Hasch und Heroin für die Bürger hat, ist neu. Jedenfalls hat die Polizei in Halberstadt, Sachsen-Stillstand, den dortigen Domdealer - im Jargon auch Küster genannt - geschnappt, der sein Material stilecht im Gotteshaus gebunkert hat.
Wie man sich nun den Verkauf vorstellen darf, ob zum Beispiel während einer Hochzeit oder Taufe mal eben Beutelchen und Geldscheine getauscht wurden, eventuell sogar der Beichtstuhl für derartige Transaktionen herhalten musste, ist bislang nicht bekannt; das T-Boot wird diese Angelegenheit auch garantiert nicht weiterverfolgen.

Mittwoch, 6. Juni 2007

Catwatch

Tiere sind seit jeher ein integraler Bestandteil menschlichen Daseins: sie produzieren und beliefern den Menschen zum Beispiel mit Pelzen (schließlich ist Fake Fur nicht sexy), Aphrodisiaka (die in Tigerhoden und Nashornhörnern schlummernden Kräfte lassen Viagra wie ein Hustenbonbon wirken) oder raumausstattenden Accessoires wie etwa Hirschgeweihen und präparierten Wildschweinen, die jede auch noch so karge Behausung in einen Hort der Behaglichkeit verwandeln. Darüber hinaus spielen sie eine bedeutende Rolle bei der Erforschung neuer Medikamente, Kosmetika und, wie die CatCam beweist, auch der Sicherheits- und Überwachungstechnik.
Bei der Katzenkamera handelt es sich um ein optisches Instrument, welches mittels Halsband an der Mieze befestigt wird und im Minutentakt Bilder vom Tagesablauf des Fellknäuels schießt. Für die Wissenschaft mögen die auf diesem Wege gewonnen Erkenntnisse zwar von untergeordneter Bedeutung sein, Felidaephile in aller Welt dürften hingegen jetzt schon jubilieren: die Apparatur ist technisch ausgereift, und soll schon bald via Internet an die Katz gebracht werden.
Obwohl die Vorstellung noch recht amüsant ist, dass die übergewichtige Klischee-Katzenmutter neben ihrem Blog für allein stehende Catwomen nun auf sechs separaten Bildschirmen ihrer ganz persönlichen Daily-Soap frönen kann und immer im Bilde darüber ist, mit wem in der Nachbarschaft sich Kitty denn so trifft, oder ob Tiger zwischen den Mahlzeiten heimlich nascht, will es mir irgendwie so gar nicht behagen, dass Wolfgang Schäuble unter Umständen auch Katzenliebhaber sein könnte...

Samstag, 2. Juni 2007

Kristallkugel, sage mir...

Noch vor Beginn des G8-Gipfels steht der Gewinner bereits fest: Es ist Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der bereits vor Wochen die heutigen Ausschreitungen in Rostock vorhergesehen und folgerichtig die entsprechenden Maßnahmen für Heiligendamm eingeleitet hat.
Wie dem auch sei, der Innenminister dürfte ob seiner hellseherischen Fähigkeiten ab sofort enormen Rückenwind bei seinen - und seien sie noch so abstrus - Vorschlägen zu Gesetzesänderungen erhalten.
Ob es sich bei Schäuble indes tatsächlich um einen Visionär handelt, ist nicht unumstritten, denn - ein Schelm, wer böses dabei denkt - ebenfalls heute hat der Innenminister in einem Interview mit der Berliner Zeitung erneut seine Forderung nach Online-Durchsuchungen bekräftigt. Sind die Ausschreitungen am selben Tag nun also dem Zufall zuzuschreiben, oder - die Frage muss erlaubt sein - gingen sie, wie die Demonstranten hartnäckig behaupten, von den Polizeikräften in der mecklenburgischen Hansestadt aus, die womöglich nur einer Order von oben folgten?
Natürlich würde niemals jemand auch nur auf die Idee kommen den Innenminister einer solch intriganten, die Gesundheit von Demonstranten und Polizisten gleichermaßen aufs Spiel setzenden Vorgehensweise zu bezichtigen. Falls doch, könnte Schäuble jedoch jeglichen Vorwurf bereits im Keim ersticken und einfach den Beweis antreten, dass er tatsächlich über die Gabe eines Wahrsagers verfügt, zum Beispiel indem er mir die Lottozahlen vom nächsten Wochenende voraussagt.

Schwule Kugeln

Als ob die Welt nicht schon ausreichend mit Problemen gesegnet wäre, schwelt in Polen derzeit eine Diskussion um die sexuelle Orientierung der Teletubbies, jener bunten Kugelwesen, die eigens dazu geschaffen wurden, die sprachliche Entwicklung von Kleinkindern mittels Botschaften wie "Bu-Bu" und "Bo-Bo" zu beschleunigen.
Richtig gelesen, die sexuelle Orientierung der Teletubbies. Wer also wie ich nun bislang dachte, diese Kreaturen seien geschlechtslos, höchstenfalls asexuell, der irrt, denn scheinbar handelt es sich bei Taka-Tuka, Strulli oder wie immer er auch heißen mag - gemeint ist der Lilafarbene - eindeutig um einen maskulinen Vertreter dieser Spezies - woran dies festgemacht werden soll, bleibt zumindest mir bis dato verborgen.
Der Grund des Aufruhrs ist nun dieser, dass eben jener Teledepp mit einer Handtasche umher kullert und deshalb in Polen als eindeutig homosexuell eingestuft wird, womit er, nach der gängigen Auffassung im Nachbarland, nichts im Kinderfernsehen zu suchen hat. Während man also andernorts immer noch versucht, Toleranz gegenüber Homosexuellen zu predigen ist man in Polen schon einen Schritt weiter: einem Artikel auf der Homepage des Nachrichtensenders Euronews zufolge, glaubt dort mittlerweile beinahe die Hälfte der Bevölkerung nicht mehr, dass gleichgeschlechtliche Liebe eine Sünde, sondern vielmehr eine, wenn auch ansteckende immerhin heilbare, Krankheit sei.
Dies bedeutet, um auf die Problematik der Kindertauglichkeit zurückzukommen, die Teletunten am besten von der Mattscheibe zu verbannen, denn mit gefährlichen Krankheiten und anderem Elend sollte man Kleinkinder nun tunlichst nicht konfrontieren. Stattdessen könnte man sich doch darüber Gedanken machen, den amerikanischen Cartoon-Klassiker G.I. Joe zu reanimieren: hier könnte der Nachwuchs schon früh an das Faszinosum Militär heran geführt werden, und außerdem artikuliert man sich dort auch in ganzen Sätzen.

Schlag in die Nieren

De Grote Donorshow hat gestern Abend alle vorgeführt: Politiker, Medien und Blogger - aber irgendwie auch die Kranken.
Zugegeben, der Schachzug, mit dem die Macher der Sendung die Organspendeproblematik in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt haben, verdient auf alle Fälle Anerkennung. Bedenklich wird es allerdings, wenn man die Rolle der angeblich todkranken Spenderin betrachtet: Das Leiden von - wie in diesem Falle - Menschen mit einem Gehirntumor kann nicht mal eben einfach wegtransplantiert werden, und man muss sich die Frage stellen, ob hier nicht ein Bild des unheilbar Kranken geschaffen wird, dessen einziger Lebenszweck darin besteht, als menschliches Ersatzteillager zu dienen. Genau dies ist zum Beispiel eines der Argumente der Organspendegegner: die Konzentration bei der Behandlung Schwerstkranker richte sich in nicht wenigen Fällen nur zweitrangig auf deren Genesung, als primär auf die Verpflanzung ihrer noch intakten Organe.
Die Welle der Aufmerksamkeit welche durch De Grote Donorshow losgetreten wurde ist mit Sicherheit begrüßenswert, sollte sie sich jedoch als Strohfeuer entpuppen, wird sie wohl gerade das Gegenteil erzielen: eine verringerte öffentliche Bereitschaft sich mit der Spenderthematik auseinanderzusetzen und somit eine schwindende Hoffnung bei den tatsächlich Bedürftigen.
Das Anliegen des niederländischen Senders BNN in allen Ehren, aber das Lob, mit welchem er nun überhäuft wird, müsste zu einem großen Teil auch anderen Kanälen gebühren, die anstelle ihren Zuschauern Vollidioten in Wohncontainern zu präsentieren in zahlreichen Reportagen und Gesprächsrunden immer wieder auf tatsächliche Probleme hinweisen: Die Erkenntnis nämlich, dass es sich bei der Organspende um keinen unproblematischen Bereich handelt, rührt nicht erst von der gestrigen Donorshow.
Aus ihr lassen sich jedoch zwei weitaus interessantere Schlüsse ziehen: zum ersten hat die TV-Kultur mittlerweile ein Stadium erreicht, in welchem Otto Noch-Normal-Denker tatsächlich davon ausgehen muss, dass Live-Organspenden nicht mehr länger nur noch in zweitklassigen Science Fiction-Romanen auftreten können, und zweitens scheint die Gesellschaft mittlerweile derart abgestumpft, dass sie nur noch über eine Freitag Abend-Show für die Problematiken des Lebens zu erreichen ist.